Die Geschichte der Gebärdensprache

Im sechsten Jahrhundert vor Christus denkt Platon zwar schon darüber nach, wie Gehörlose miteinander kommunizieren, doch erst im XVI. Jahrhundert, nimmt sich der spanische Mönch Pedro Poncé de Leòn der Schulbildung Gehörloser an, indem er eine Sonderschulklasse eröffnet. Ein Jahrhundert später verfasst Juan de Pablo Bone, der mit der Erziehung des gehörlosen Sohnes des Konnetabel von Kastillien beauftragt ist „Vereinfachung der Buchstaben und die Kunst, Stumme, sprechen zu lehren“.

Um 1750 gründet der Abt Charles-Michel de l’Épée in Paris ein Internat für Gehörlose, das er selbst finanziert. Er hat vor allem humanistische Beweggründe: Damals wurden Gehörlose nicht als vollwertige Menschen und schon gar nicht als Christen anerkannt. Diesem Kampf widmet der Abt sein Leben und zwei Jahre nach seinem Tod spricht die Nationalversammlung den Gehörlosen die Menschenrechte zu.

Gebärdensprache ist eine eigenständige Sprache mit ganz spezifischen Strukturen und keine bloße Nachahmung der gesprochenen Sprache. Natürlich muss sie – wie jede Sprache – erlernt werden, Handhaltung, Richtung, Bewegung, genaue Stellung der Hand im Raum. Interessanterweise ist die Gebärdensprache nicht universell, selbst innerhalb eines Landes gibt es Unterschiede. Die Gebärdensprache wurde erst vor kurzem offiziell anerkannt: in Deutschland 2002, und 2005 bekam sie in Frankreich im Rahmen eines Gesetzes zur Gleichstellung Behinderter einen zwiespältigen Status: Sie ist nun eine offizielle Sprache, doch mit dem Image eines „Defizits“. Bisher galt sie nicht als richtige Sprache und die Kinder wurden lieber in „normale“ Schulen geschickt. Man drängte sie dazu, die Lautsprache zu erlernen.

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Gestuno

Gestuno

Gestuno ist eine internationale Gebärdensprache.

Das Kofferwort entstammt dem englischen gesture »Geste« sowie der Abkürzung der Vereinten Nationen, UNO. Namensgeber ist die World Federation of the Deaf.
Gestuno entsprang dem Bedürfnis gehörloser Menschen, sich trotz der zahlreichen lokalen Gebärdensprachen auf internationalen Treffen verständigen zu können. Die einzelnen Gebärden sind seit 1924 festgelegt und kürzlich in einigen akademischen Fachtagungen wie Deaf History International und Deaflympics erweitert worden.
Viele grammatische Züge sind allen Gebärdensprachen gehörloser Menschen gemein und auch in Gestuno integriert, Bewegungswiederholungen für den Plural von Substantiven und für verschiedene Aspekte von Verben sowie der Gebrauch von Klassifikator-Handformen.

Gestuno kann nicht als Plansprache gelten, da die Sprache sich in zahlreichen Begegnungen seit mehr als einem Jahrhundert herausgebildet hat.

Kommunikation mit Tieren

Roger Fouts trainierte der 1965 in Afrika geborenen Schimpansin Washoe insgesamt 250 Zeichen der amerikanische Gebärdensprache  an und versuchte damit, eine Kommunikation zwischen Mensch und Tier aufzubauen. Auch mit anderen Tieren, u.a. Bonobos und Gorillas, wurden solche spektakulären Dressurversuche durchgeführt, einige Tiere erwarben angeblich einen Wortschatz von über 1000 Wörtern.

Andere Forscher untersuchten dagegen originale Gebärden- und Körpersignale von Menschenaffen und schlossen daraus, dass auch die Menschen vor der gesprochenen eine Gebärdensprache nutzten. Ihre Beobachtung stützt eine schon ältere Theorie, die besagt, dass die Zeichensprache die ursprünglichste Form der menschlichen Kommunikation war.

Gebärdensprache in nationalen Gesetzen

In Schweden wurde die dortige Schwedische Gebärdensprache bereits 1981 als Minderheitensprache anerkannt. Auch Uganda hat schon vor 2000 dessen Gebärdensprache verfassungsrechtlich bestätigt. Seit dem 27. Februar 2005 ist im Schweizer Kanton Zürich verfassungsmäßig anerkannt, dass die Gebärdensprache auch zur Sprachenfreiheit gehört. Das österreichische Parlament nahm im Juli 2005 die Gebärdensprache als anerkannte Minderheitensprache in die Bundesverfassung auf. Seit 2006 ist die Neuseeländischen Gebärdensprache neben Englisch und Maori die offizielle Amtssprache Neuseelands.

 

Gebärdensprache – Was ist das?

Gebärdensprachen sind eigenständige, vollwertige Sprachsysteme, die Gehörlose in ihren verschiedenen nationalen und regionalen Gehörlosengemeinschaften (Taubengemeinschaft) untereinander ausgebildet haben. Anders als die akustisch-auditiv verfahrenden Lautsprachen werden die Gebärdensprachen visuell-motorisch realisiert. Sie sind nicht mit den nonverbalen Kommunikationsmitteln Hörender identisch (Körpersprache), sondern ausdifferenzierte Zeichensysteme, die über ein umfassendes Lexikon und eine komplexe Grammatik verfügen.

 

Für die Kommunikation unter Gehörlosen gelten die folgenden allgemeinen Bedingungen:

  • Die Verständigung folgt anderen als den in der Lautsprache üblichen Konventionen bzw. grammatischen Regeln.
  • Das gesamte sichtbare Ausdrucksrepertoire des Körpers (Hände, Arme, Oberkörper, Kopf, Gesicht) wird ausgeschöpft.